druckkopf

Halbes Schnitzel
Die Hälfte des Schnitzels. Eine Extension

Wenn man die Reisebücher von Willemsen oder Chatwin gelesen hat, kann man mit dem Schreiben der eigenen Reise eigentlich gar nicht erst anfangen. Ich mach es halt dann doch.

Wie bei allen anderen Touren war ich auf der Suche nach Geschichten und Personen, die diese Reise begründen, begleiten und strukturieren. Einige der Fluchtwege, die ich selbst bisher nicht gegangen oder abgefahren habe, haben lange auf ihre Realisierung gewartet. Andere kamen über „Strawanzen in Bayern“ hinzu und für die Zwischenstrecken habe ich mir dann Skurriles oder Ungewöhnliches zusammen gesucht.

Auch wenn es die Österreicher gar nicht gerne hören, aber aus der einstigen europäischen (Welt-)Macht ist nur noch ein Land übriggeblieben, das die Form eines Wiener Schnitzel hat. Ich habe mir also dessen Ost-Umfahrung vorgenommen und wollte dabei seine an die jetzige Form/Gebiet anschließenden alten „Kolonialreiche“ mit dem Rad abfahren. Ungarn habe ich ausgelassen. Sprache und Verständigung erschienen mir mit den vielen (Doppel-)Vokalen zu schwierig. Geplant waren 14 Tage mit 100-120 km Tagestouren. Wegen der Hitze und den schwierigen Transportmöglichkeiten hab ich dann die Rückfahrt über den Reschen- und Fernpass ausfallen fallen lassen.

Grüß Gott und grüß Göttin in Österreich

gib dem (Rad-)Affen Zucker
Los ging es am 9.6.2023 in aller Herrgottsfrühe vom HBF München. 8 Uhr Ankunft in Wasserburg am Inn. Die Allee zur Burg hinunter, durch das Stadttor, über die Innbrücke und auf der anderen Seite wieder das Innufer hinauf. Die Hungerbäume nicht beachtet, sondern versucht auf der engen Landstraße bis Mittag möglichst viele Kilometer zu schaffen. Das ging ganz gut bis Garching an der Alz und mit ein paar überflüssigen Schlenkern nach Altötting, ohne jedoch die schwarze Madonna zu besuchen und um „Gut Wetter“ und eine heile Ankunft zu bitten. Von Neuötting aus auf dem nördlichen Innradweg bis Markt. Das fand ich persönlich eines der fadesten Stücke des ganzen Weges, entsprechend war nur die Fahrradautobahn von Trento nach Bozen.
 
In Marktl befindet sich neben dem Geburtshaus von „wir sind Papst“ eine Bäckerei, die mit Süßen zum Essen und Trinken aufwarten kann. Jetzt nur nicht dem Innweg weiter folgen, sondern der anderen Radwegausschilderung über die Dörfer nach Simbach folgen. Ein schöner und abwechslungsreicher Weg mit weiten Aussichten. Ab da führt der Radweg durch das Europareservat Unterer Inn immer den Fluss oft durch die Felder und Auwälder begleitend nach Ering. Direkt am Schloss bietet sich die nächste Rast an, die viele Radfahrer hier auch gerne im Schatten der Gastschirme verbringen. An der Altersstruktur und Motorisierung der Mitradler ist deutlich die Nähe zum bayerischen Bäderdreieck erkennbar.
 
Weiter auf der linken Innseite und bei Egglfing die Flussseite wechseln. Kurz vor dem Ortskreisel in Oberndorf kann man sich im Supermarkt mit Verpflegung für den nächsten Tag, einem kalten Eis und 1-2 Nachtbieren eindecken. Übernachtet wird direkt am Marktplatz von Oberndorf, praktischerweise mit Gastronomie im Haus. Immer noch ist es brüllendheiß. Nach einer Dusche und eine halbstündigen Augenkosmetik besichtige ich aber dann doch noch den schönsten Rokokoplatz Österreichs und sein Schloss/Burg mit den grandiosen Ausblick auf den Inn. Kaum zurück im Hotel verdunkelt sich der Himmel. Das Bier kommt und wenig später auch mein Essen. Mit dem letzten Bissen geht das Unwetter los. Die Kellner können gerade noch so die Schirme einfahren, dann ist plötzlich alles dunkel. Wie sich später herausstellt hat der Blitz ein Umschaltwerk getroffen und einen großen Teil der österreichischen Inngemeinden für Stunden eingedunkelt. Die Gäste, die noch nichts Warmes bestellt hatten, müssen sich jetzt bei Kerzenschein mit Bretterljausen zufrieden geben. Aber das Bier kann problemlos weiter gezapft werden. Schnell siegt die Müdigkeit und mit Taschenlampe geht es zum Zimmer hinauf.

Innbrücke

Oberdorf

Schiefweg

Schiefweg
10.6.2023
Am nächsten Morgen bin ich weit vor dem Frühstück wach. Also packen und noch ein kleiner Gang durch die Gemeinde. So findet sich auch ein Bäcker mit leckeren Gebäck – auch für die Weiterfahrt. Wenn man schon Kontakt mit den Einheimischen hat, muss die Frage erlaubt sein, warum es in diesem Ort so viele Bordelle gibt. Hätte ich eigentlich selber draufkommen können. Wer kurt, möchte halt auch dem Körper anderweitige Anwendungen zu kommen lassen. Aber das Haus, das am ehesten wie ein kunterbuntes Bordell aus dem Bilderbuch erscheint, ist nur Zeugnis von schlechten, oder zumindest sehr eigenwilligen Geschmack. Endlich gibt es auch Frühstück und danach nichts wie weg. Auf dem Weg nach Stift Reichersberg dann der nächste Lusttempel, diesmal ein riesiger Swingerclub. Weiter über Kloster Suben nach Schärding und dort die Innseite gewechselt. Den Weg auf der rechten Innseite bin ich ja schon einmal gefahren. Links herum nach Passau ist er aber leider nicht so schön. Ziemlich ruppig und hügelig. Und dann gab es da noch die Nachwehen des Sturms. An zwei Stellen wurden große Bäume entwurzelt, die man mühselig umtragen musste. Mit den Gepäcktaschen am Rad nicht so lustig. Aber die Fraktion mit Motorantrieb hat da noch viel mehr geflucht.
 
In Passau ist noch genug Zeit für eine kleine Stadtbesichtigung. Es ist Samstag, das Wetter ist schön, es ist kurz vor Mittag und in der Altstadt ist die Hölle los. Kein Spaß mit dem Rad und der Dom ist wegen eines Konzertes auch geschlossen. Also dann halt doch zum Bahnhof und dort im Schatten auf die nur Samstag fahrende Museumseinsenbahn, die Ilztalbahn, gewartet. Aber nicht nur diese museale Eisenbahn war an dem Tag unterwegs. In kurzen Takten fuhren auch andere Museumsbahnen an sie knipsenden Fans vorbei. Endlich kam dann auch die Ilztalbahn, die mich durch Bayrisch Canada, so der Fremdenverkehrsprospekt, nach Waldkirchen und von dort nach Schiefweg, dem Geburtshaus mit noch heute existierender Gastwirtschaft der „Bayerwald“ Dichterin Emerenz Meier führen soll. Allein die Beschilderung führt mich über zwei Anstiege in Nichts. Wenn man sich nicht auskennt, fragt man halt die Briefträgerin. Aber der waren der Ort Schiefweg und die Meier kein Begriff.
 
Also zurück nach Waldkirchen und statt rechts links abgebogen. Mit einer halben Stunde Umweg das Haus dann doch noch gefunden. Es ist immer noch ziemlich heiß, aber für die einladende Gastwirtschaft fehlt leider die Zeit. Für den Nachmittag sind wieder starke Gewitter angesagt. Von Waldkirch aus geht es auf der alten Bahntrasse konstant bergauf über Neureichenau zum Tagesziel Haidmühle. Am Himmel nehmen die Wolken und deren Geschwindigkeit zu. In Neureichennau besteht dann endlich die Möglichkeit einer Erfrischung. Und da, zum ersten Mal auch ein Hinweisschild zu den Lackenhäusern. Diesen Zufluchtsort von Adalbert Stifter wollte ich unbedingt sehen. Durch den Wald soll es laut Aussage einer befragten Einheimischen auch einen Weg nach Haidmühle geben. Ob die den je gefahren ist? Mir war das Ganze dann aber zu unsicher. Das Wetter kam und in den Lackenhäusern hatte ich keine Unterkunft. Also den scheißsteilen Berg durch den Ort wieder hinauf zum Radweg. Auch der zweite von dort abzweigende Weg zu den Lackenhäusern war nicht ausgeschildert. Und das Wetter kam immer näher. Ortsanfang von Haidmühle fing es dann zu tröpfeln an. Weit und breit keine Tankstelle oder ein Supermarkt für die morgige Verpflegung.
 
Mit stärker werdenden Regen habe ich dann doch noch die Unterkunft außerhalb von Haidmühle gefunden. Nach einer Dusche und einer Ruhepause, war an eine Rückkehr zur einzigen Gastwirtschaft in Haidmühle nicht mehr zu denken. Es regnete Katzen und Hunde. Glücklicherweise hat die Unterkunft eine Fischzucht und die geräucherten Forellen waren noch nicht ausgeliefert. Das, wenn auch kalte Abendessen, war also gesichert. Und Bier dazu gab es auch noch. Gleiches hat dann auch ein dazu gekommenes Paar aus Ostdeutschland zu sich genommen. Die Herrschaften wollten am nächsten Tag eine Rundtour über den Dreisesselberg und den Plöckensteiner See machen. Schon oft in der Gegend, habe ich sie dann nach meinen morgigen Weg entlang des Schwarzenberger Schwemmkanals ausgefragt. Sie meinten mit dem Fahrrad käme ich da nicht hin. Ich habe zwar was anderes gelesen, doch diese Aussage hat mich dann doch beunruhigt. Von der Wirtin war auch nichts entsprechendes zu erfahren.

das Wetter zieht auf

Nove Udoli
11.6.2023
In großer Stille geschlafen wie ein Baby. Am nächsten Morgen hat sich auch der Regen verzogen und es hat merklich abgekühlt. Aber bergauf wird man ja schnell wieder warm. Die Auskunft, dass gleich nach dem Parkplatz auf tschechischer Seite der Weg zum Kanal abzweigt, war interpretationsfähig. Nach einer Viertelstunde kein Schild, kein Mensch, kein Abzweig. Dann endlich der befürchtete Aufstieg, der sich als gut ausgebaute, sich durch die Landschaft windende Forststraße entpuppte und für mich am Beginn des Kanals endete.
Die ersten Kilometer des Weges waren dann eine große Herausforderung an Motivation und Material. Ich bin mit dem Rad ja schon viele Krüppelwege gefahren, aber dieser war, zudem mit den Gepäcktaschen, die Krönung. Ich habe nicht mehr so recht daran geglaubt, dass ich da ohne Schaden rauskomme. Und Hilfe war auch nicht zu erwarten. Also in geringen Tempo den Weg entlang geeiert und ja keinen Blick nach rechts oder links gewendet. Endlich war auch das Eingangsstück zu Ende und Weg und Kanal weiter gut sichtbar. Die nächsten 40 km sollte es bretteleben dahin gehen. Tat es dann auch. Zwar gab es zwischendurch immer mal wieder unschöne Passagen, aber meist rollte es flüssig. Die Vögel sangen, der Wald schwieg, und lange Zeit war ich der einzige Mensch, der unterwegs war. Und mit den noch begehbaren Tunnel und ihren Verbauungen glaubte man sich in ein Märchenland versetzt. Irgendwie surreal. Das änderte sich, je weiter ich Richtung Österreich kam. Die Straße wurde merklich besser und die Mountainbiker wechselten sich mit den Rennradfahren ab.
An der Kuppe konnte man den heutigen Restweg zur Donau hin gut überblicken. Aber vor den 19% bergab hatte ich dann schon etwas Muffensausen. Bei weniger steilen Abfahrten habe ich schon gemerkt, dass das Rad mit dem schweren Gepäck sich ganz schön aufschaukelt. Also eine dem Alter geschuldete abgebremste Abfahrt nach Aigen unternommen. Es ging auf Mittag zu und die Temperaturen gingen hoch. Wieder keine Kirchenbesichtigung, da in Stift Schlägl Gottesdienst und es mir für den überbrückenden Biergartenbesuch zu früh war. Dann eben beim nächsten Mal. Laut Karte ist der Weg zur Donau ein gerader Strich, aber man weiss ja nie und bei der Hitze will man keine „Körner“ vorzeitig vergeuden. Es kam dann auch so wie befürchtet. Die Bundesstraße führte am Talboden entlang Richtung Donau, der Radweg stramm bergauf und bergab. Irgendwann führte der Radweg dann doch auf die geteerten Nebenstraßen und in flotten Tempo ging es bergab. Leider war Sonntag, die Geschäfte hatten zu und Wirtshäuser oder Tankstellen hab ich keine gesehen.
Bei der aufgelassenen Papiermühle nahe Obermühl gab es Schatten, einen kühlen Bach und eine Bank zum Ausruhen. Und das Tagesziel in Nähe. In Obermühl habe ich mich dann kurz entschlossen donauaufwärts begeben, um mir deren berühmte Kehren nach Schlögen anzusehen. So spannend war das auch nicht, oder ich bin nicht weit genug gefahren. Doch die Strecke hin muss ja auch wieder in die andere Richtungen bewältigt werden. Also zurück nach und an der Donau entlang nach Untermühl. Das Wetter war schön, es war Sonntag und dem entsprechend Verkehr und ich merkte so langsam, dass mir der Saft ausgeht. Die Gaststätte in Untermühl war brechend voll und mit Ach und Krach gab es auch noch einen Schattenplatz für mich. Das Mittagessen und ein Bier taten dann rasch seine Wirkung. Dusche im Zimmer und Einschlafen trotz Gastlärm gingen nahezu Hand in Hand. Am späteren Nachmittag hatte sich der Wirtsbetrieb nahezu ganz verzogen. Zu Fuß stieg ich dann zum Turm der gefürchteten Raunritterburg hinauf. Dort wurden mittels einer die Donau versperrenden Eisenkette den durchfahrenden Schiffen ein Zwangsobolus abgenommen. Abends war ich dann in dem vorher so geschäftigen Lokal der einige Gast. War auch nicht schlimm.

Schwemmlandkanal

Beginn Schwemmlandkanal

Katharinenkirche

Gott mit uns...
12.6.2023
Mal wieder viel zu früh wach für das Frühstück. Also noch ein wenig an der Donau spazieren gegangen und dabei festgestellt, dass ich auf der falschen Seite festsitze. Auf meiner Seite komme ich nur mit der Fähre weiter und die fährt erst in 2 Stunden. Die Wirtin meinte, das sei gar kein Problem. Ab Schloss Neuhaus geht ein Weg durch den Wald hinunter zur Donau.
Wenn sie Zeit hat, geht sie den oft, auch mit den Kindern. Also nach dem Frühstück 200 Hm hinauf zum Schloss. Kann man nicht besichtigen, ist Privatbesitz und ein Schild weist ausdrücklich auf das Begehungsverbot des Grundstücks hin. Aber nun bin ich einmal da und der Torbogen mit dem Wegeinstieg liegt vor mir. Wegmarkierungen gibt es natürlich nicht und what goes up must come down. Ganz zu krüppelig wie in Haidmühle war der Weg nicht, aber eindeutig nichts für Fahrräder. Auf der Landstrasse über St. Martin wäre das entschieden einfacher gewesen. Mit Müh und Not war ich dann endlich wieder an der Donau und wenig später hat mich dann auch die Fähre überholt. Trau nie den Aussagen der Einheimischen.
Von da an geht es immer der Donau entlang und ohne große Zwischentourismuseinlagen bis Linz. Man kommt in Urfahr raus. Die Pöstlingbergbahn links liegen lassen und die Altstadt von Linz rechts, weil mein Besichtigungsziel für diesen Tag ein Stück weiter lag. Vor Steyregg hab ich den Radweg verlassen und bin über Schloss Steyregg und Luftenberg auf der Landstrasse nach Mauthausen gefahren. Bergauf, kein Radweg und viel Verkehr, also nur bedingt spaßig. In Mauthausen war der Weg zur KZ Gedenkstätte gut ausgeschildert, aber der kleine Anstieg dorthin war nicht ohne. Brütend heiß und kein Schatten. Die berüchtigte Treppe zum Steinbruch war gesperrt, aber auch so war das Gelände überaus beeindruckend und bedrückend. Aber davon hat ja die Bevölkerung damals rein gar nichts mitbekommen.
Zur Erinnerung und Gedenken habe ich einen kleinen Stein mitgenommen. An Schloss Pragstein vorbei und wenig später die Donauseite gewechselt, um nach Enns zu kommen. Ziemlich nervige Fahrt durch das Industriegebiet und den Hafen, aber der Ort oben am Berg ist schön und vom Fahrradtourismus nicht groß kontaktiert. Liegt dann doch zu weit abseits vom Donauradweg. Von da nach Wallsee hab ich es mir schneller vorgestellt. Ist dann doch eine ganze Ecke über St. Valentin (bei viel Verkehr) und Klein-Erl nach Wallsee. Und der Radweg muss wegen der Aussicht jeden Hügel mitnehmen, also dann doch lieber auf der Straße fahren. Das örtliche Schwimmbad hab ich dann, obwohl fest eingeplant, doch nicht aufgesucht, da der Ort auf einem kleinen Hügel thront und ich nur noch ankommen wollte. Das Hotel ist schön, die Aussicht auch, das Zimmer klein und zum Eingangsbereich, aber das Essen und Frühstück auf der Terrasse sehr gut. Das war die bisher längste Etappe mit 130 km.

Mauterndorf Schindertreppe

Wallsee
13.6.2023
Auf einem der schönsten Streckenabschnitte bisher auf der Moststrasse nach Ardagger Markt und von dort weiter auf dem Donauradweg. Ab jetzt ist hier merklich mehr los. Irgendwann vor Ybbs musste ich dann auch mal pinkeln und habe eine Pause zwischen dem zunehmenden Radverkehr genutzt, um mich an einer Brücke über einem kleinen Bach zu erleichtern. Beim „kleinen Geschäft“ bemerke ich Bewegung in der Wiese. Keinen Meter von mir richten sich 2 oder 3 Schlangen von beträchtlicher Größe bedrohlich auf. Zuerst habe ich gedacht es sind Kreuzottern, es waren aber wohl nur Nattern. Das Pinkeln ging dann recht flott zu Ende.
Ybbs ist ein ziemlich quirliger Kurort mit einem Fahrradmuseum und einer Anlegestelle für die Donaudampfschifffahrtsgesellschaft. Dementsprechend was los. Also nur eine kleine Pause eingelegt, um nach Pöchlarn und zum Oskar-Kokoschka Museum zu kommen. Von allein auf dem Weg ist jetzt keine Rede mehr. Dieser Abschnitt scheint die Trainingspiste der Radrennfahrer zu sein. Man muss höllisch aufpassen, um den großen Pulks ausweichen zu können. Abstand ist für die Herrschaften ein Fremdwort.
Von Pöchlarn weiter nach Melk. Das berühmte Kloster will nicht nur ich sehen. Um dahin zu kommen muss man sich erstmal durch den Busbahnhof zwängen und für seinen Radparkplatz muss man auch zahlen. Das kannte ich bisher nicht. Nach all den ruhigen Tagen war mir das Ganze vor Ort zu geschäftig. Eindrucksvolle Anlage und nicht umsonst ein Publikumsmagnet, aber ich war an dem Tag einfach zu spät dran. Von Melk aus geht es durch die Wachau nach Dürnstein. Das soll der schönste Abschnitt auf dem Donauradweg sein. Ob er das ist, weiß ich nicht, aber der Weg geht quer durch die kleinen Weinorte am Ufer der Donau. Wenn man möchte, kann man da alle 500 Meter eine Jausenpause einlegen. Alkohol gibt es erst am Zielpunkt, sonst komme ich da nie an. Wie das andere machen, ist mir ein Rätsel. Vor Dürnstein dann erstmals mit einer kleine Fähre die Donauseite gewechselt.
Dürnstein hat eine Fußgängerzone, die man über ein Befestigungstor erreicht. Am anderen Ende das nächste Tor mit dem zum Luxusresort umgebauten Schloss. Am Abend hat sich der Ort dann merklich von Tagestouristen geleert. Bei einem Weinbauern gleich neben dem Schloss befand sich meine Unterkunft. Großes Zimmer und üppiges Frühstück und abends Gott sei Dank keine Verköstigung von Touristen, die dort in der Saison auch angeboten werden.

Donauinsulaner

Nattern

Melk
14.6.2023
Von Dürnstein nach Krems und dort mal wieder die Donauseite gewechselt. Immer noch mächtig Betrieb am Radweg, von dem ich in Traismauer abgefahren bin. Den Venusberg  nicht besichtigt und mich irgendwie über die Donauauen und Zeiselmauer bis zur Hagenbachklamm durchgeschlagen. Zu der ging es 1 oder 2 km stramm bergauf. Ab da aber wieder abwärts nach Maria Gugging mit dem berühmten Museum für die Kunst der „Geistskranken“. Schönes Cafe und ein kühles Museum. Und die dort tätigen Künstler sind umgänglich und wollen wissen, was man hier macht und laden den unbekannten Gast auch schon mal in ihr Atelier ein. Nicht ohne Grund haben hier viele berühmte Künstler mit den Guggingern gearbeitet und sich von ihnen anregen lassen.
Weiter bergab nach Klosterneuburg, um da wieder auf den Donauradweg zu kommen. Doch in Wien lief das so gar nicht wie ich mir das gewünscht habe. Der Weg, den ich mir ausgesucht hatte, habe ich nicht gefunden oder die Beschilderung fehlgedeutet. Wohl sind die tatsächlichen Wege auch viel länger als sie auf der Karte erscheinen. Jedenfalls bin ich an der Nordbrücke falsch abgebogen und nicht am Donaukanal entlang gefahren, sondern am verkehrsreichen und ampelbespickten Gürtel. Aber den stressigen Rest nach Neubau zur Wohnung meines Sohnes hab ich dann auch noch geschafft. Da er besser Italienisch kann als ich, muss er erst einmal die Übernachtungsmöglichkeiten für die nächste Woche klarmachen. Auf spontane Hotelsuche habe ich keine Lust und Kraft nach einem langen Tag auf dem Rad.

Nibelungendenkmal

Fahrad Gugging
15.6.2023
Genau so nervig wie rein, geht es dann auch wieder aus Wien raus. Am Gürtel entlang bis zum Hauptbahnhof und von da Richtung Süden. Wien ist halt überhaupt keine Radlerstadt trotz des Radweges am Gürtel. Der Weg nennt sich jetzt Euro 9 und führt am Badener Kanal entlang. Doch bis es soweit ist durchfährt man ewig die Peripherie von Wien mit seinen Autobahnkreuzen und Industrieanlagen. Zwischenziel war eigentlich Baden, der Sommersitz der österreichischen Monarchie und das Arnulf Rainer Museum. Aber leider keine Ausschilderung dorthin. Darauf und nicht auf die Karte habe ich mich verlassen. Dann eben eine Pause in Wiener Neustadt, aber halt auch nicht direkt am Weg. Ganz nett, aber wenn man es nicht gesehen hat, hat man auch nichts verpasst. Baden wäre schöner gewesen.
Über Grimmenstein geht es in die „bucklige Welt“, die Autobahn immer in Rauschnähe. Auch hier muss ein Badesee in der Nähe sein, den ich dann aber doch nicht mehr aufgesucht habe. Stattdessen die Suche nach einem Lokal für das Abendessen. Nichts gefunden, bzw. der Rückweg wäre mir zu weit gewesen. Also doch Übernachtung und Essen im Truckerhotel in Petersbaumgarten. Nicht schön, direkt an der Autobahnauffahrt, aber etwas anderes gab es nicht am Weg.

Badener Kanal

Bucklige Welt
16.3.2023
Los ging es heute in Petersbaumgarten mit dem Zug durch die bucklige Welt nach Fehring. Vor dem langen Anstieg nach Aspang Markt habe ich mich gedrückt. Kaum sitze ich im Zug brennen und tränen meine Augen, das kenne ich sonst nicht. Ganz seltsam das Ganze, als ob ich Pfefferspray abbekommen hätte. Die Nachbarn im Zug hatten gar nichts. Deshalb nur wenig von der Umgebung gesehen. In Fehring das alte Problem: wie finde ich den Einstieg. Der einheimische Radler schickt mich links hinter die Bäckerei, leider ohne den Radweg bzw. eine Beschilderung an die ich mich für die nächste Zeit halten konnte und die es am Bahnhof noch gab. Keine Spur vom Euro9. Erneute Frage an eine Passanten. Sie lotst mich auf die normale Verbindungsstrasse. Die Hügel 16% rauf und 14% runter und das bei viel Schwerlastverkehr.
In St. Anna dann endlich wieder die gesuchte Ausschilderung, jetzt mit dem Zusatz R12. Ab nun immer bergab durch schöne Landschaften. Bis Bad Ratkersdorf kommt mir kein Radfahrer entgegen. Hübsche Stadt, in der man sich auch länger aufhalten kann. Weiter auf dem Mur-Radweg, der sich eben durch die Auen schlängelt. Von da nach Mureck und dem schwarzen Himmel entgegen. Weiter Richtung Spielberg und der Grenze nach Slowenien. Pünktlich an der Murbrücke hört die Euro9-Beschilderung auf. Dafür gibt es viele andere Wege, die wie man weiss, alle nach Rom, also Italien führen. Ich fahre trotzdem nach Slowenien.
Endlich ist auch mal Maribor angezeigt, aber nur am Autobahn-Hinweisschild. Das Navi lotst mich irgendwo hin, auf Nachfrage am Gartenzaun heißt es retour und gerade aus. Immer bergab, kein Hinweis auf Maribor und selten ein begleitender Radweg. Die Slovenen fahren auch nicht rücksichtsvoller als die Ösis. Endlich ein Hinweis nach Maribor und wieder nur für Autos. Das Navi hilft diesmal weiter und leitet mich unter der Autobahn hindurch, natürlich ohne entsprechende Hinweisschilder. Weiter geht es bergab und dann der lang befürchtete Platzregen. Schön, dass sich da gleich die einfache Kneipe Skorpion befindet, die Kaffee und Selters bereit stellt. Die harten Jungs dort sind voller Mitgefühl und natürlich mit dem Auto da. Nach dem Regen zum Bahnhof und die Karte gekauft. Noch 3 Stunden Zeit bis zur Abfahrt. Dann durch die Altstadt getourt, übersichtliche Stadt mit vielen Studenten, aber ganz nett. Die älteste Weinrebe Europas an der Drau besichtigt. Ich warte auf den Zug nach Bleiburg und dann auf mein Bett. Die Bimmelbahn steht ohne Anzeige am Gleis bereit. 3 Stunden soll die Fahrt betragen. Der Einstieg ist ca. 1 Meter hoch und gelingt nur mit Hilfe des Lokführers. Nach 1 Stunde ist das einzige Klo im Zug kaputt. Die wenigen Mitreisenden haben scheinbar keine entsprechende Bedürfnisse.
Ankunft um halb 10 Uhr abends. Kein Licht am Rad und keines im Städtchen. Und der Bahnhof liegt weit außerhalb. Die lokale Feuerwehr hat mich dann endlich auf den richtigen Weg verwiesen. War nicht weit, aber blöd zu finden. Nach 14 Stunden auf Piste endlich angekommen. Wenigstens gab es einen späten check-in  und auch noch etwas Warmes zu essen. Superschönes Zimmer, gutes Bier aus der eigenes Brauerei und auch noch etwas Warmes zu essen. Geschlafen wie ein Toter Was für ein Unterschied zur letzten Absteige. Hier hätte ich länger bleiben können. Die Routenplanung hat auch mal wieder nicht gestimmt. Statt geplanten 77 km waren es mal wieder über 100.

Maribor

Ratkersburg
17.3.2023
Der Morgen beginnt mit einem Super-Frühstück und einer Prozession (nicht meiner, sondern einer kirchlichen) durch die, wie sich bei Tageslicht herausstellt, hübsche Stadt. Ich wollte nicht gleich die Zufahrt zum Drau-Radweg nehmen, sondern die Diagonale über die Landstraße. Endlich darf das Rad Rollen. In St. Konzian bin ich mal wieder falsch abgebogen, eine nette ältere Dame hatte Erbarmen und hat mich auf den richtigen Weg zurück geleitet. Vorbei an Wallfahrtskirche und Feuerwehrfest. Immerhin der erster Hinweis auf den Drau-Radweg, aber noch habe ich die Landstraße vorgezogen. Sie verläuft oberhalb der Drau mit schönen weiten Ausblicken.
Auf ihr gelangt man nach Gallizien. So heisst der nächste Ort. Der Blick in die Karte ergibt ein unklares Bild und deshalb kam es mal wieder zu einer meiner Fehlentscheidungen. Zielort wäre Fehring gewesen und das war auch ausgeschildert. Nur komisch, dass plötzlich so viele Motorradfahrer unterwegs waren und die Straße stramm bergauf ging, statt eben dahin. Nach 3 km bergauf ein erneuter Blick auf die Karte und mal beim ebenfalls pausierenden Motorradfahrer nachgefragt. Das Schlimmste hätte ich jetzt überstanden, aber die nächsten 20 km geht so ähnlich weiter. Also meine Entscheidung korrigiert und wieder abgefahren nach Gallizien. Von dort zur Drau und die nächsten 30 km am Panoramadamm entlang der Staustufen der Drau.
Gebadet hat dort keiner und an der steilen Böschung war mir auch nicht klar wie ich da rein und wie wieder raus komme. Also habe ich den Badevorsatz mal wieder sausen lassen.. Und dann kamen leider doch noch die kleinen fiesen Auf und Abs, die zumal bei der Hitze den Saft ziehen. Bei Maria Elend und 85 km Fahrt war der Saft dann auch so ziemlich aus. Kein Gasthaus uns Supermarkt, dafür ein Kuttenfest mit 100 Motorrädern in der Pampa. Da wollte ich nicht stören. Ein überraschender Abzweig zu Laaker See. Nur noch 11 km bis zum Ziel. Aber leider erstmal 3 km bergauf. Gallizien hat die Bergbeine ganz schön weich gemacht.
Am Laaker See weit und breit kein Supermarkt, aber Campingplätze ohne Ende. Dann endlich die Karawanken Lodge am Hügel gefunden. Das Restaurant gibt es nicht mehr und zum Anmelden liegt ein Klappordner aus. Das Zimmer war total versifft mit schwarzen Schimmel in Bad, Tür und Kühlschrank. Müsste erstmal weinen. Der gesuchte Supermarkt war 2 km weiter im nächsten Ort am nächsten Hügel. Dort gab es auch das Tourismusbüro, dem ich erstmal die Fotos der Unterkunft gezeigt habe. Trotzdem nichts anderes gesucht, dort geduscht und einen jungen Einheimischen im Ort gefragt, wo er denn essen gehen würde. Die empfohlene Pizzeria war ganz okay. In dem Tourischuppen nebenan gab es nur Fritteusenessen. Der ostdeutsche Mitgast aus der Logde, der dort seine Möpse auf dem Parkplatz hat scheissen lassen, hat bei dem Interieur bestimmt ein DDR flashback bekommen. Die Menschen hier zeichnen sich durch seltsame Sprache aus, wenn sie denn einen Fremden gegenüber überhaupt die Zähne auseinander bekommen. Und scheinbare jahrhundertelange Inzucht macht sich optisch auch bemerkbar. Trotzdem landschaftlich schön. Ein Mann hat nach meiner Rückkehr in die Unterkunft vor meinem Zimmer seine Wäsche abgehängt. Auf Rückfrage hat er sich als ebenfalls ostdeutscher Pächter der Karawanken Lodge herausgestellt. Auf den Zustand meines Zimmers angesprochen, meinte er nur, ich hätte es ja nicht beziehen brauchen, und da ich schon geduscht habe, ginge ein Zimmerwechsel jetzt nicht mehr. Da ich auf das Frühstück in Anbetracht der hygienischen Zustände verzichtet habe, wollte er gleich Bares. Wenigstens gab es keine 6-beinigen Gasttiere im Bett.

Gallizien

Laaker See
18.3.2023
Morgens früh raus aus der Drecksbude und rüber nach bella italia. Um 6.45 wieder auf dem Rad. Dann 38 km bergauf bei ca. 300 Hm auf einem schönen breiten Radweg. Noch sind nur vereinzelte Radfahrer unterwegs, die meisten mit schmalen Reifen. Bei Tarvisio ist dann der Grenzübertritt nach Italien und die Passhöhe erreicht. Weit über der Landstraße und der Autobahn verläuft auf einer alten Nebenstrasse der Radweg. Eine kleine Zufahrt zu ihm war mit immerhin 24% ausgeschildert. Glaube ich nicht wirklich, da sie ohne zu schieben befahrbar war. Die Rennradfahrer aus beiden Richtungen nehmen jetzt merklich an Zahl zu.
Die Radtrasse ist breit, neu asphaltiert hat einen Mittelstreifen für die Begrenzung der unterschiedlichen Fahrtrichtungen. Weiter immer schön bergab, nun auf der alten Bahntrasse. So geht es durch ca. 20 Tunnel und Viadukte. Die meisten sind beleuchtet, mal schwach, mal besser, einige mit Bewegungsmeldern. Die Rennradler dübeln da auch ohne Licht durch. 3 der bis dahin befahrenen Tunnel waren komplett ohne Beleuchtung und meine Taschenlampe war auch nicht wirklich hilfreich. Das war jedes Mal ein ziemlicher Eiertanz und ich war froh, dass ich die 300m geschafft habe. Die Rennradler fahren da mit unverminderter Geschwindigkeit auch ohne Beleuchtung durch. Mir ein Rätsel, wie die etwas, zumal mit Sonnenbrille auf, sehen können. Erfahrung, Intuition und Erleuchtung von oben? Der längste dieser Tunnel hatte 950 m. In Pontebba erstmal Pause, Kaffe, Wasser, Hörnchen und dazu eine lautstarke Piaggio Rally.
Der Radverkehr nimmt weiter merklich zu. Vor Maggiore steht ein Herr vom Fremdenverkehrsamt da und winkt mich raus. Die ausgebaute Strecke ist zu Ende und weiter geht es auf dem Standstreifen neben der Bundesstraße. Kein wahres Vergnügen, aber die 8 km bis Venzone gehen auch so. Wirklich schönes quirligen Städtchen, das nach dem Erdbeben originalgetreu wieder aufgebaut wurde. Die Krypta mit den Totenschädeln in der Kirche konnte ich nicht besichtigen. Auf den gleichen Weg wieder zurück bis zum Abzweig nach Tolmezzo.
Auch hier Rad- oder Standspur neben der breiten Strasse. Aber am Sonntag sind wenigstes keine Laster unterwegs. Komische Stadt mit großen Industrieanlagen. Aber ich wollte ja unbedingt das Kossakendorf und Tagliamento sehen. Die Pension ist an einer Kreuzung und die vom Plöckenpass zurückkehrenden Motorradfahrer dübeln heimwärts da durch. Spätnachmittags ist es aber wieder ruhig und auch die Cafes haben jetzt auch ihre Stühle hochgeklappt. Wenigstens hat ein Supermarkt noch auf. Jetzt braucht der radelnde Tourist nur noch ein warmes Abendessen. Dafür muss er bis 19 Uhr warten. Warten muss ich aber leider auch auf die Bedienung. Die nach mir ankommenden Einheimischen haben alle schon ein Bier dastehen, bis ich dann gnädigerhalber doch noch bedient werde. Nicht aufregen. Und das Essen war auch keine kulinarische Offenbarung.

Viadukt Alpe Adria bei Traviso

Venzone
19.3.2023
Gut geschlafen, das Frühstück typisch italienisch. Solo un stupido tedesco nome Giovanni a strada in italia. Wie befürchtet ist es kein Spaß in Italien für Radfahrer öffentliche Strassen zu benutzen. Wie die das mit dem Rennrad machen, ist mir ein Rätsel. Gleich am Hotel war der Wegweiser nach Cavazzo. Schöne frisch geteerte Landstraße, von der der Radweg via Julia abzweigte. Die erste Steigung die ich bisher schieben musste. Fiese Rampen auf holprigen Betonpisten, die auf und ab gehen. Wenn die Römer so ihre Straßen gebaut hätten, was sie nicht getan haben, hätten sie nie ein Weltreich erobert. Also nix wie wieder rauf auf die Landstraße. Noch kein Problem mit Autos. Vor dem Lago die Cavazzo, wieder so eine ungenutzte wie vorher eingeplante Bademöglichkeit, die zudem landschaftlich schön gelegen ist, ein Tunnel, den man auch als Radfahrer durchfahren muss. Gewöhnungsbedürftig ist seine Lichtführung. In den bisherigen Bahntunneln waren manchmal Bewegungsmelder. Hier ging das wohl eher über Druck und davon hatte ich mit meinem Rad wohl zu wenig Gewicht. So wurde die Beleuchtung im Laufe der Durchfahrt immer schwächer. Ging gut und zumal zu der Zeit keine Autos im Tunnel unterwegs waren.
Der See menschenleer und darüber die Autobahn. Gut, dass ich das gestern nicht als Zusatzschleife wie eingeplant gefahren bin. Gemona soll eine schöne Altstadt habe, aber nach 3 km durch die Vororte hab ich aufgegeben sie zu suchen und bin zurück gefahren weiter nach Osoppo. Was in der Karte als Nebenstraße eingezeichnet ist, muss ich kein zweites Mal fahren. Industriegebiet und Autobahnanbringer. Also Schwerlastverkehr in beiden Richtungen auf einer verkehrstechnischen Nebenstraße. Ich bin froh, dass ich da heil durchgekommen bin. Danach 100 Hm hoch nach San Daniele. Guter Schinken und guter Kaffee, aber sonst nicht berauschend. Vielleicht hab ich das wesentliche ja übersehen. Aber es ist heiß und ich wollte weiter. Es lagen ja noch viele Kilometer vor mir. Dafür habe ich mir die Straßen mit der hohen Kennzeichnung ausgesucht, weil hier wohl weniger Verkehr ist. Fehleinschätzung bis Spilimbergo. Sehr schöner Dom, nette Altstadt und kein Mensch da. Immerhin den richtigen Abzweig erwischt. Der Routenplaner schlägt auch nur Unsinn vor und hat vom hiesigen Verkehr keine Ahnung. Also weiter auf den in der Karte weiß oder gelb eingezeichneten Straßen. Das funktioniert jetzt gut bis Aviano. Schönes Hotel mit Restaurant das auch nicht erst um 19 Uhr aufmacht. Zur Begrüßung gab es einen Moskitostich, aber dafür konnte ich wenigstens die Klamotten waschen. Und das Essen war ausgesprochen gut. So wie man es sich halt in Italien vorstellt und in den Reiseführern beschrieben wird. Ich habe leider selten das Glück es so auch anzutreffen.

San Daniele

Tagliamento
20.3.2023
Frühstück sehr italienisch mit guten Kaffee. Im Supermarkt und Verpflegung eingekauft und früh los.
Nach der grenzwertigen Wegplanung gestern habe ich heute versucht schlauer zu sein, die großen Städte umfahren, ebenso die Autobahnauffahrten und die normalen Fernstrassen. Die ersten 45 km hat das auch gut geklappt. Es gab bis Sacile sogar separate Radwege und wo nicht, dann zumindest einen Seitenstreifen. Außerdem sieht man auf diese Weise auch was von Landschaft und Orten, den Verkehr darf man aber auch hier nie außer Acht lassen.
Über Codogne und Vazzola wollte ich nach Tezze und von dort weiter auf der SS 34 an der Ponte Priual die Piave überqueren. Netter Versuch. Das auf der Karte klein eingezeichnete Nebensträßchen war aber leider wieder eine Autobahnzubringerstrasse mit den schon üblichen Problemen. Irgendwann war Piave nicht mehr auf den Hinweisschildern sondern nur Fiume di piave. Diese Ausfahrt im Kreisel habe ich dann genommen – Piave, Fluss, passt schon. Doch kein Fluss weit und breit und das Hinweisschild hätte eigentlich 10 km weiter nördlich hingehört. Also ziemlich verloren im nicht vorhandenen Wald und niemand da zu fragen und für den Vorschlag des Navis war ich wohl zu blöd. Ein einsamer Autofahrer hat sich dann meiner erbarmt und mich dahin geschickt, wo ich vorher schon mal war. Also auf der Zubringerstraße stur geradeaus weiterfahren und am übernächsten Kreisel war Piave dann wieder ausgeschildert. Hat mich 1 Stunde Mehrweg gekostet und die Scheißstraße bin ich so 2x abfahren.
Endlich ging es rechts ab nach Nervesa della Battaglia, sogar eine Radwegausschilderung, und am Hochufer der Piave entlang. Wenn man in Italien Rennradlern begegnet ist das immer ein gutes Zeichen. Hier oben, 100 Hm über der Piave, ging sogar ein laues Lüftchen. Es wunderschöner Abschnitt. Doch dann habe ich mich von einem Hinweisschilder zu einem Palazzo verleiten lassen. Der war dann ziemlich enttäuschend, bei den Villen, die sonst noch so in der Gegend rumstehen z.B. in Maser. Ich Depp bin den Autos gefolgt und nicht den gleichen Weg zurückgefahren und bin somit irgendwo im großflächigen Nogare herausgekommen. Den direkten Abzweig zum Hotel habe ich aber dadurch verpasst, mich Richtung Caerano orientiert und prompt mal wieder für ein paar Kilometer auf einer Hauptstraße gelandet. Diese war jedoch eine autobahnähnliche Schnellschraße, die ich am Standstreifen befahren habe. Der Abschnitt war schnell vorbei und ich fix und alle. Die nächste Ausfahrt führte mich vorbei an den Outlets von Northface und Salewa zum Hotel an Col della rane.
Dieser Agritourismo liegt direkt in den Weinbergen, verfügt über einen Pool, einen Kühlschrank mit Bier, Wurst und Käse und die Zimmer haben eine funktionierende Klimaanlage. Der Tipp zum Abendessen hätte weitere 4 km und 2 Hügel rauf und runter bedeutet, zudem hätte das Lokal erst um 19.30 Uhr geöffnet. Das war mir nach dem Tag entschieden zu spät. Also runter in den Supermarkt und mich selbst versorgt mit gebratenen Hühnerbeinen, Melone, Schinken, Salami, Pecorino und Rotwein. Sehr lecker. Ich habe immer gedacht, Hitze und Radfahren geht wegen des Fahrtwindes irgendwie, aber nicht für mich und nicht bei den Temperaturen und der Streckenlänge. Das vormals belächelte Kopftuch unter dem Helm habe ich aber sehr zu schätzen gelernt.

cucina italiana

Tomba Scarpa
21.3.2023
Weicheier Tag, so habe ich mir das wenigstens vorgestellt. Nach dem guten Frühstück kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Geplant war die Strecke über Altivole, Riese, Lona nach Bassano und von dort den Zug nach Levico.
Aber schon nach 3 km hab ich das Navi nicht mehr verstanden. Statt näher bin ich immer weiter vom Ziel gelenkt worden und die Einheimischen wollten mich unbedingt auf die Hauptstraße lotsen. Und also bedeutet wie immer viel Verkehr und dicke Laster und dazu hatte ich keine Lust und Nerven mehr. Aber endlich den nächsten Ort gefunden, und dann war es eigentlich leicht. Spontan der Ausschilderung zur Tomba Tobia Scarpa gefolgt und die großartige Grabanlage des berühmten Architekten gefunden. Junge Asiaten mit großen Kameras waren schon vor mir da. Die letzten 10 km bis Bassano gab wieder merklich mehr Verkehr, da Straßendrehkreuz und Autobahn, dafür aber einen separater Radweg. Sogar auf Anhieb das Zentrum von Bassano gefunden.
Ab zum Bahnhof um ein Ticket nach Levico Terme zu kaufen. Den dafür nötigen Satz habe ich mir schön zurechtgelegt, um als Antwort zu verstehen: ich ja, Rad nein. Zug geht nicht, dafür ein Ersatzbus. Ich soll am Busbahnhof nach dem Bus nach Borgo valsugana fragen. Leider gibt es am großen Busbahnhof kein einziger Hinweis darauf. Alles abgefahren und nachgefragt. Der Bus soll an der fermata 1 starten. Ich muss wohl ziemlich hilflos ausgesehen haben. Ein Mann hat sich meiner erbarmt und mir gezeigt, wo der Bus einfährt. Der kam dann auch gleich, aber der Busfahrer wollte mein Rad nicht mit nehmen. Eine Landsfrau hat mich dann erlöst und den Busfahrer überredet. Von Borgo valsugana wären es noch 17 km gewesen. Die Schaffnerin hat mich dann aber mit den anderen Fahrgästen des Busses in den Zug gelotst. So bin ich immerhin kostenlos nach Levico gekommen und habe am Bahnhof mal wieder mein Navi missverstanden, weil der Straßenname des Hotels scheinbar nicht existent war. Bei 39 Grad ging es dann noch einmal 200 Hm hoch zum Hotel. Da kam ich dann ziemlich platt an. Heute nichts mehr mit einkaufen im Ort und schwimmen im See. Dafür zwischen den Reinigungsgeräten im Pool versuchen zu entspannen. Jetzt kommt wenigstens auch etwas Wind auf. Scheinbar bin ich der einzige Gast, der sich für dieses Aussichtshotel entschieden hat.
Ich bin für Abenteuer dieser Art nicht gemacht. Ich komme zwar immer irgendwie durch, es stresst mich aber kolossal, zumal wenn ich mich nicht verständigen kann und die kopierte Karte auch noch einen nutzlosen Maßstab hat. Essen erst um 19.30, aber das überstehe ich auch noch.

Altivole

Bassano
22.3.2023
Weit vor dem Frühstück bin ich wach, so dass ich auch noch die gelieferten Semmeln in den Frühstücksraum gebrachte habe und den Hotelierehepaar bei der Vorbereitung zusehen durfte. Die waren lieb und nett und haben mir noch eine bon voyage gewünscht. Den Einstieg zum Radweg kannten sie aber auch nicht. Mit einem ungutes Gefühl los gefahren. Laut Karte sollte der europäische Weitradweg am botanischen Garten vorbeiführen. Ob er das tut, wird sich mir wohl nie erschließen. Im Ort keine Hinweisschilder darauf. Danach gefragt, ihn trotzdem nicht gefunden und dafür auf der schönen Strasse nach Pergine gelandet. Hier hat Musil die „3 Frauen“ geschrieben. 2 Abzweige von der Straße versucht, an denen der Weg hin zur Via verlaufen sollte, aber ohne greifbares Ergebnis. Der in Pergine befragte Radfahrer meinte, die Strasse bergab durch den langen Tunnel sei für Radfahrer gesperrt, es ginge nur mit dem Zug nach Trento. Damit habe ich mich zufrieden gegeben.
Keine Experimente und unnötigen Fahrereien mehr bei der Hitze. Also zum Bahnhof. Bammel vor dem Kartenkauf. Ging aber einfach in 6 auszuwählenden Sprachen. Vor dem Zug fuhr der Bus ab, der mich im Gegensatz zu gestern aber nicht mitnehmen wollte, die landessprachliche Unterstützung hat dann doch gefehlt. Im Bahnhof Trento sogleich den Freund und Helfer gefragt wo die pista biclicetta ist. Kurze knappe Ansage, die an die Etsch und Richtung Bozen verwiesen hat. Die „Autobahn für Radler“ ist auch trotz 4 Umleitungen immer gut zu finden, befindet sich im Talboden der Etsch und neben der regulären Autobahn.
Kein Schatten und kein Ort zum Pinkeln. Wie machen das die radelnden Damen? Um 13 Uhr und schneller als geplant war ich in Bozen am Bahnhof. Das online gekaufte Ticket, wenn es denn je eines war, war unbrauchbar und nicht umbuchbar. Selfservice und deutscher wie italienischer Schalter zeigten sich uneinsichtig ob meines Leids. Das traf mich aber nicht mich alleine. Kernaussage war, dass alle Fernzüge ausgebucht sind und ohne vorherige Fahrrad-Reservierung man trotz Karte gar nicht mitgenommen wird. Also mit dem Regionalzug zum Brenner, dort umsteigen und mit neuem Ticket nach Innsbruck, da erneut Ticket und nachträgliche Radreservierung nach München lösen und hoffen, dass der Folgezug die Radler gnadenhalber mitnimmt.
Die Schaffnerin hatte nicht ihren besten Tag und wollte uns nicht mitnehmen. Erst der Hinweis auf die defekte Strecke über Mittenwald hat sie umgestimmt. 1 Stunde stehen ohne Klimaanlage und Speisewagen, dann endlich einen Sitzplatz. Mit 45 Minuten Verspätung und 7 Stunden Fahrt, 4x so hohen Fahrtpreis wie von tranitalia offeriert, wieder zurück in München. Die Räder im leeren Transportwagen, wurden dann eher herausgeworfen als herausgereicht. Aber was soll`s. Die Reise endet wie sie begonnen hat mit einem Unwetter, das mich nass daheim ankommen lässt.

Levico

Missbrauch