Holzland
Durch viele kühlende Wälder führt der Weg zu zwei Klöstern und drei Brauereien, die atmenberaubende Ausblicke auf die Voralpen liefern. Nebenbei lernt man vieles über das Münchner Trinkwasser, das hier entnommen wird. Die lange Abfahrt vom Taubenberg entschädigt über manch quälenden Aufstieg. Trotz wunderbaren Wetter ist man auch am Wochenende meist ganz allein auf den schönen Straßen und Wegen unterwegs. Allenfalls an der Mangfall gab es vereinzelt Mitradler.
Probst Dietram © Hans-Jürgen Hereth 2023
Kloster Dietramszell © Hans-Jürgen Hereth 2023
Vom Bahnhof Kreuzstraße aus führt eine wenig befahrene Straße durch den Hofoldinger Forst nach Otterfing. Dem Straßenverlauf folgt man über die Ampel hinweg bis fast zum Ortsende. Zwei Schilder verweisen nach Dietramszell, über Lochen und Jasberg. Für diesen 3 km kürzen Weg habe ich mich dann spontan entschieden. Er verläuft auf unterschiedlichen Belägen, meist aber auf Teer, über Dietenhausen zu einer hinweisschildlosen Querstraße. Rechts führt sie bergab nach Dietramszell und endet an der Klosterschänke bzw. der Klosterkirche Maria Himmelfahrt.
Die letzten Jahre hat das mächtige, im Karree gebaute Barockjuwel meist wegen der dort an der Außenwand angebrachten Hindenburg-Büste bzw. deren ungenehmigte Entfernung durch Aktionskünstler und den Umgang mit der geschichtlichen Vergangenheit für Aufsehen gesorgt. Dabei sind die eigentlichen Kostbarkeiten des Kloster in den Hintergrund getreten. Oberin Schwester Kiliana, will mit ihren Führungen dies ändern. 160 Jahre unterhielten die Salesianerinnen hier eine Internatsschule, die aus Personalmangel 1992 aufgegeben werden musste. Heute ist hier die Geretsrieder Montessorischule und der örtliche Kindergarten untergebracht. Der 1610 von Franz von Sales gegründete Orden war ähnlich wie der der Augustiner und Benediktiner nichts für „Weicheier“: lange Fastenzeiten und Nachtwachen waren für körperlich schwächere Brüder und Schwestern nicht zu stemmen. Tagsüber wurde den Schwestern das Schweigen empfohlen. Dessen wohltuende Wirkung empfiehlt die heutige Oberin auch weltlichen Besucher: wenigstens für 10 Minuten am Tag einfach mal den Mund halten.
Auch wenn man nicht in der Klosterschänke einkehrt, an der Bäckerei gegenüber der Kirche kann man sich auch gut verköstigen. Für den weiteren Weg muss man ein kleines Stück auf der eben gekommenen Straße zurückfahren. Zunächst zweigt der Weg zum Waldweiher ab, wenig später weisen Schilder den Weg nach Sachsenkam und Kloster Reutberg. Auf manchmal recht ruppigen Untergrund mit knackigen Anstieg führt der Weg vorbei an Waldruh, einem Friedwald. Doch auch der Schotterweg endet einmal. Die schmale Teerstraße lädt eigentlich zur rasanten Abfahrt ein, doch das Schild „Straßenschäden“ mahnen zur Vorsicht. Zumindest bei dieser Abfahrt waren sie aber unangebracht. Nach der schönen Pelletsmühl(e) zweigt der Waldweg auf eine breitere Straße, die rechts über Reith zum Kloster Reutberg führt.
Reutberg © Hans-Jürgen Hereth 2023
Reutberg © Hans-Jürgen Hereth 2023
Das Kloster Reutberg thront weithin sichtbar, ähnlich wie der „heilige Berg“ in Andechs, auf einer Anhöhe bei Sachsenkam. Es wurde im Jahre 1618 gegründet und erhielt wenig später (1668) eine Klosterapotheke, die bis heute als eine der wenigen in ihrer ursprünglichen Ausstattung erhalten geblieben ist. 1731 wurde das Kloster komplett neu gebaut und von den Franziskanerinnen übernommen. Auch heute noch führen die Nonnen ein kontemplatives Leben in strenger Klausur. Besonders verehrt wird von ihnen und den Besuchern das "Reutberger Christkind", eine Statue des Jesuskindes, das ursprünglich aus Bethlehem stammen soll. Eine besondere Rolle im Klosterleben spielt weiterhin auch Schwester Fidelis Weiß, die aufgrund ihrer intensiven mystischen Visionen 1936 selig gesprochen wurde.
Die Mönche wussten schon, warum sie sich dort niedergelassen haben und die heutigen Besucher auch. Geistiger und körperlicher Genuss liegen auch hier eng beisammen. Der Metzger des Klosterbräustüberls sieht aus wie aus dem Bilderbuch, die Aussicht vom Biergarten wie gemalt. Trotzdem ließ sich problemlos dort noch ein schönes „Platzerl“ finden. Zum Kloster gehört eine Wirtschaft mit Biergarten, das Bräustüberl, von dem man aus einen phantastischen Blick auf die umliegenden Berge des Isarwinkels und Karwendels hat. Ausgeschenkt wird das Bier aus eigener Brauereigenossenschaft, die als einzige im Raum Bad Tölz Wolfratshausen noch besteht. Aber auch das Bier ist einzigartig und zieht viele Besucher aus nah und fern magisch an. Abgerundet wird so ein Besuch durch ein Bad im nahen Kirchsee.
Blick vom Taubenberg
Pettetsmühl © Hans-Jürgen Hereth 2023
In Sachsenkam heißt es aufpassen. Nach dem Neuwirt muss man sich unbedingt links Richtung Holzkirchen halten. Geradeaus führt der Weg zwar auch durch den Wald über Schaftlach nach Reitham, gut und eindeutig beschildert ist er aber nicht. Also lieber über die Moar Alm nach Piesenkam und von dort über die Allgaukapelle und die Bahngleise hinweg nach Reitham. Jetzt ist es wieder einfach. Auf halber Höhe des Taubenbergs, eines beliebten Ausflugberges für Familien, führt die Straße mit weiten Ausblicken ins Miesbacher Land nach Gotzing. Auch wenn der Wald manchmal für eine etwas eingeschränkte Sicht sorgt, hier kann man das Rad problemlos laufen lassen. In Gotzing kommt man beim „Trommler“, einer kleinen urigen Wirtschaft mit Biergarten, heraus und folgt dort links dem Münchner Wasserweg an der Mangfall entlang Richtung Weyarn.
© Hans-Jürgen Hereth 2023
Valley, Arco Bräu © Hans-Jürgen Hereth 2023
Der weitere Rückweg verläuft zunächst entlang der Mangfall auf ausgeschilderten Spuren des Münchner Wasserwegs. Auf 20 Stationen mit Informationstafeln weist er auf seinem Weg vom Deutschen Museum in München bis Gmund auf gut sichtbare und eher versteckte Bauwerke hin, die für Münchens Versorgung mit Trinkwasser eine wichtige Rolle spielen, wie Gewinnungsanlagen, Transportleitungen und vieles mehr. Der Rad- und Wanderweg führt entlang idyllischer Landschaften und gemütlicher Biergärten und ist mit dem ÖNVK gut erreichbar. Einen Wegeplan gibt es als Download.
Unterhalb der Autobahnbrücke gelangt der Wirtschaftsweg wieder auf eine Straße und eine weitere Wirtschaft (Bruckmühle). Eigentlich geht es jetzt mit 15% Steigung auf das Hochufer und das Niveau der Autobahn hinauf. Reizvoll ist diese Wegvariante zudem dadurch, weil unterhalb der Autobahnbrücke ein Fußgänger- und Radweg hindurchführt von dem man aus weit dem Lauf der Mangfall verfolgen kann. Doch der Weg zur Weyarner Mühle oder Maxlmühle ist auch nicht zu verachten. Die 15% Steigung bleibt aber trotzdem, von hier aus aber auf dem schwerer zu fahrenden Schotterweg. Das mittlere Hinweisschild oberhalb der Mühle verweist dann schon auf Valley hin. Hat man kein Mountainbike und kann damit umgehen, sollte man sich diesen Weg aber sparen.
Mangfall © Hans-Jürgen Hereth 2023
Zwischen Weyarn und Valley mit dem Bräustüberl der Arco Bräu, zu dem einen schöne Allee führt, liegt auf dem gegenüber liegenden Hochufer der Mangfall, die Fentbachschanze, unter der sich ein keltisches Oppidum befindet. Hoch am Mangfallufer, mit weiter Sicht und somit gut gegen Feinde abgesichert, bildete sie eine Wehranlage an einer uralten Handelsstraße von Reichenhall ins gewaltige Manchinger Oppidum bei Ingolstadt, wo sich heute das sehenswerte Keltenmuseum befindet, das Ende 2022 seinen berühmten Goldschatz durch einen dreisten, gut geplanten Raubzug verloren hat. Die Kelten besiedelten in z.T. großen Städten, den Oppida, ab der Eisenzeit auch den süddeutschen Raum und schuften dort frühindustrielle Zentren der Eisenverarbeitung und des Handels. Da sie keine schriftlichen Zeugnisse hinterlassen haben, musste dies ein Römer, der gegen sie Krieg führte, für sie erledigen. Gaius Julius Cäsar hiess der Mann und sein Bericht über die „Oppidum-Ziviliation“ hat sich allen latein-lernenden Schülern eingebrannt: „de bello gallico“. Die Gallier resp. Kelten, dhaben sich später sogar erdreistet, Rom zu plündern, Delphi zu zerstören und sogar in Kleinasien ihr Unwesen zu treiben. Tempi passati.
© Hans-Jürgen Hereth 2023
Von Valley aus rechts nach Unterdarching und Hohendilching und dann ist es schon fast „vollbracht“, wie das Marterl treffend, wenn auch in anderen Kontext, anmerkt. Eigentlich wäre ja in Kreuzstraße die Tour zu Ende. Aber wenn man schon in dieser Gegend ist, darf man sich die kleine St. Emmeram Kapelle in Kleinhelfendorf nicht entgehen lassen.
Im Jahr 700 wurde in dem kleinen oberbayerischen Ort Kleinhelfendorf, der vermuteten römischen Straßenstation Isinsca, ein Mord verübt. Vollplastisch dargestellt ist diese vom Sohn des Agilofinger Herzogs Theodo I. und seinen Häschern begangene Selbstjustiz in der kleinen Barockkirche St. Emmeram, die über der (heilkräftigen) Quelle, aus der Emmeram bei seiner Rast getrunken haben soll, erbaut wurde. Emmeram liegt dort auf eine Leiter gebunden und wird von den Mördern quasi zu Schaschlik zerschnitten. Doch wie kam es überhaupt dazu? Dazu gibt es mehr als zwei Versionen. Die eine lautet, dass der aus Frankreich stammende Wanderbischof Uta, die Tochter des Bayernherzogs, geschwängert und dies auch zugegeben hat, die andere, dass er lediglich das Beichtgeheimnis der Tochter wahren wollte. So oder so, er musste Regensburg verlassen, um sein Leben zu retten. In Kleinhelfendorf erwischten ihn seine Verfolgern und marterten ihn zu Tode. Schon früh hat diese Geschichte Bischof Arbeo von Freising der Nachwelt überliefert und so die Legende befeuert. Nach mehrwöchiger Suche fand man schließlich die zerstückelte Leiche und setzte sie schließlich in der Georgskirche in Regensburg bei.
Von hier zur dritten Brauerei auf dem Weg bis nach Aying ist es auch nicht mehr weit. S-Bahn Anschluss gibt es auch hier, und wer noch nicht hatte, kann sich jetzt endlich mit einer „kühlen Blonden“ anfreunden.
Einkehrmöglichkeiten: Reutberg: Klosterbräustüberl, Dietramszell: Klosterschänke, Aying, Moar Alm, Sachsenkam, Valley: Arco Bräustüberl
Baden: Waldweiher Dietramszell, Kirchsee Reutberg
es ist vollbracht © Hans-Jürgen Hereth 2023