Im Stangenwald auf dem Spargelweg
„Veronika, der Lenz ist da
Die Mädchen singen tralala
Die ganze Welt ist wie verhext
Veronika, der Spargel wächst!
Ach du, Veronika, die Welt ist grün
D'rum lasst uns in die Wälder ziehen“
(Comedian Harmonists)
Hier spießt alles ein bisschen höher - der Hopfen und der Spargel. Das Bier macht müde oder rauflustig, der Spargel einen scharfen Urin und soll, wegen seiner Ähnlichkeit mit dem männlichen Geschlechtsorgan auch der Steigerung der Lust dienen. Was auch immer die Ursachen waren, in dieser Gegend ging es früher ganz schön ruppig zu. Bei der Fahrt durch die Holledau geht ordentlich bergauf und bergab mit z.T. 10% Gefälle, meist auf Nebenstraßen oder geteilten Radwegen.
Nandu im Eck © Hans-Jürgen Hereth
Jetzendorf Schloss © Hans-Jürgen Hereth
In Petershausen nach dem S-Bahnhof sich rechts Richtung Jetzendorf halten. Entweder die sehr hügelige, aber nicht übermäßig stark befahrene Landstraße nach Jetzendorf befahren oder kurz nach Ortsende auf den links abgehenden Radweg ausweichen. In Jetzendorf kommt man zuerst am Werk des Schuhhersteller LOWA vorbei, dann leicht den Berg hinauf Richtung Kirche. Der Gasthof Post hat schon bessere Tage gesehen, das große Brauereigebäude sowieso. Heute würde man das wohl als Lost Places bezeichnen. Dahinter neben einem prächtigen Tor verbirgt sich einer ansehnliche Schloß- oder Gutsanlage. Jenseits der Ilm heißt das Dorf Priel. Kurz danach, in Eck, staunt der Laie und der Kundige wundert sich. Friedlich grasen da zwei Nandus zwischen den Hühnern auf der Wiese. Von dort geht es auf einem neu gebauten Radweg mit wunderschönen Blühstreifen (mit Mohn und der blauen Blume der Romantik) entlang der Felder nach Geroldsbach. Hinweise auf den dort ausgegrabenen, fast komplett erhalten 15 Millionen Jahre alten Ur- Elefanten der Gattung Archaeobelodon und die die Grabung mit Wurstsemmeln unterstützende Metzgerei habe ich nicht gefunden. Der Elefant wird heute im Augsburger Naturmuseum präsentiert.
Schrobenhausen Spargelmuseum © Hans-Jürgen Hereth
Aresing Mohnfeld © Hans-Jürgen Hereth
Bis Aresing wechseln sich Radweg und Fahrstraße ab. Auch hier ist nicht übermäßig viel Verkehr. Dafür sieht man von weiten durch die Bäume und Felder andere (gelbe) urtümliche Gebilde. Es handelt sich um die Drehbohrtürme der Firma Bauer, die dort in einem großen Werk gefertigt werden.
Ab jetzt wird es merklich flacher und bis zur Innenstadt von Schrobenhausen verläuft ein schöner Radweg. Auch hier konnte sich eine prächtige Brauerei nicht halten. Ihre leere Hülle prangt an der Kreuzung vor dem Kreisverkehr und der Einfahrt zur Altstadt, die komplett von einem Festungsring umschlossen ist. Gleich links geht es zum Spargelmuseum und an der Stadtmauer entlang zum Geburtshaus des Malerfürsten Lenbach. So wie mancher zu Geld gekommener Hopfenbauer hat auch er sich seinen Palast gebaut. Doch der steht in München und beherbergt u.a. die weltberühmte Sammlung des „Blauen Reiters“. Zu so viel Ruhm hat es Lenbach posthum nicht gebracht. So oder so, Zeit für eine Ruhepause und eine kleine Stadterkundung. Wer keinen Proviant dabei hat, sollte sich hier damit eindecken. Danach gibt es kaum Gelegenheit dazu. Vorne zum Stadttor rein und hinten wieder raus.
Bei dem Tempel für die gefallenen Helden führt der Radwegweiser rechts nach Ingolstadt/ Neuburg a.D. und an die Paar, die man nicht nur zu zweit, sondern auch mal allein abfahren kann. Der Weg entlang der Paar macht eine Kurve und zweigt am nächsten Kreisverkehr wieder rechts ab. Hohenwart bzw. Waidhofen ist aber nur einmal angeschrieben. Durch ein unschönes Industriegebiet geht es an der Bahn entlang bis zum Ortsende. Am Wochenende hört man schon von weitem ein lautes Knallen und denkt zunächst an eine Treibjagd. Es ist aber nur der Schützenverein, der bei schönen Wetter sich auch draußen trifft und die Gewehre durchlädt. Ab jetzt folgt man dem Schild der Spargeltour auf einer kaum befahrenen Nebenstraße nach Kaifeck. Hier im Haidforst gab es nicht nur im berühmt gewordenen Hinterkaifeck viele gruselige Begebenheiten. Manche Marterl, wie das „Halsabschneidermarterl“, zeugen noch davon.
Kapelle in Kaifeck © Hans-Jürgen Hereth
Hohenwart Mergetsmühle © Hans-Jürgen Hereth
Hinterkaifeck
Berühmtestes Beispiel ist der Mehrfachmord in Hinterkaifeck. Auf den Spuren des Mythos Hinterkaifeck kann man sich anlässlich des 100. Geburtstages des Verbrechens ins Bayerische Polizeimuseum im Turm Triva begeben. Dieser ist Teil des klassizistischer Festungsbau der Landesfestung Ingolstadt und diente als östlicher Flankenturm des Reduit Tilly. Vor Ort wird Altes und Neues über den aufsehenerregenden Kriminalfall ausgebreitet. Neben Originalakten vermitteln Repliken und Szenenbilder ein Gefühl von der damaligen Zeit. Schautafeln und das umfangreiche Zusatzmaterial erklären die praktische Probleme der damaligen Polizeiarbeit. Heute wie damals führten keine Spuren zur Ermittlung der Täter. Was bleibt ist ein ungelöstes Rätsel und ein ungesühnter Mehrfachmord. Literarisch umgesetzt wurde die Geschichte von Andrea-Maria Schenkel in „Tannöd“. Der Obelisk, der das Grab der Ermordeten, ziert ist auf dem Waidhofener Friedhof zu besichtigen.
Bewohnt ist diese Gegend immer noch sehr dünn, davon zeugen nicht zuletzt die vielen trotz der bayerischen 10-H- Regelung erstellten Windräder. Und Spargelfelder gab es auch nicht so viele wie gedacht. Eher eine bunte Mischung von Anbauflächen. An der, an der Paar gelegenen Mergertsmühle vorbei gelangt man nach Hohenwart mit seinem Kloster, dessen Kirche oben auf dem Hügel dem Hl Georg geweiht ist. Groß an der Kanzel steht das Wort „Glaube“. Das kann man, wie auch immer man es anwenden will, für sich selber gut mitnehmen.
Freinhausen Kapelle © Hans-Jürgen Hereth
Den Hügel runter und rechts (nicht dem Radweg nach Neuburg folgen!) nach dem Sportplatz links Richtung Freinhausen, dann ist man wieder auf der Spargeltour. Am Ortsende von Freinhausen (Hinweis B 300, B 13 Pörnbach) zweigt links der Radweg ab. Fährt man trotzdem noch ein Stück weiter bis zur Paar, gelangt man zu einer weiteren verlassenen Kapelle und einer großen Mühle. Nicht nur die Brauereien scheinen es in der Gegend einen schweren Stand gehabt zu haben. Die Straße führt nach Reichertshausen, rechts an einer weißen Feldstele geht es nach Pörnbach, wozu man zuerst den Ort mit den schönen Namen Gotteshofen und dann das mit dem Titel „unser Dorf soll schöner werden, 1983“ ausgezeichnete Dorf Puch durchfährt. Ist wirklich schön dort.
Folgt man der Radwegbeschilderung weiter, steht man wenig später im Wald – nichts mehr von Pfaffenhofen zu lesen. Über einen schmalen Feldweg kommt man schließlich doch in Raitbach heraus. Jetzt ist wieder Schluß mit flachem Gelände. Die Hügel haben einem voll im Griff. Über Ehrenberg und Eutenhofen geht es über die eine vielbefahrene Landstraße nach Wolfsberg (bergab, großer Sendemast) und von hier aus nach Fürholzen. Hinweisschilder nach Scheyern sucht man vergeblich. Jenseits der Bundesstraße nach Schrobenhausen/Pfaffenhofen liegt Mittelscheyern und an Hügel oben sieht man schon die Kirchturmspitze des Klosters.
Scxheyern mit Weiher © Hans-Jürgen Hereth
Scheyern
Kloster Scheyern ist das Stammhaus der Wittersbacher. Als die Grafen von Scheyern 1116 nach Wittelsbach umgezogen sind, überließen sie ihre Stammburg den Benediktinermönchen. In der Abtei befindet sich seit 1180 eine ansehnliche Reliquie des Heiligen Kreuzes, zu der bis heute große Wallfahrten stattfinden. Die barocke Basilika war Grablege der Ahnen des bayerischen Königshauses. Auch die barocke Klosterbibliothek und das Kulturfestival „Kunst im Gut“ lohnen einen Besuch. Scheyern hat aber auch eine gruselige Seite. Südlich vom Kloster liegt am Schnatterbach, in eigentlich lieblicher Landschaft unterhalb des „Schwedenfriedhofs“, ein Weiher, den man den Teufelsweiher nennt. Der Leibhaftige soll hier Herzog Arnulf versenkt haben, weil er sich weigerte den Mönchen seinen Besitz zu übergeben. Heute ist hier das „Deutsche Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt“ angesiedelt. Unheimlich wirkt er heute nicht mehr.
Das berühmteste Mitglied der Scheyerner Sippe ist wohl Gisela von Bayern, Königin Ungarns, die wohl um 985 hier geboren wurde.
Giselas Ehe mit Vajk, dem späteren Istvan/Stefan und Sohn des ungarischen Großfürsten, war zunächst als Pfand auf einen dauerhaften Frieden arrangiert worden. Schon ihr eigener Name weist auf diese Rolle hin. Gisela ist aus dem Wort „Geisel“ abgeleitet. Sie selbst war im wahrsten Sinne das Wortes eine Geisel des Frieden zwischen den beiden Nachbarvölkern. Hochzeit wurde um 997 in Scheyern gefeiert. Mit 300 Rittern und ihrer Mitgift zogen sie wenig später donauabwärts nach Nyitra. Unter Gisela Einfluss wurde das Kloster in Pannohalma gegründet. Neu in Ungarn angesiedelte Mönche breiteten das Christentum weiter aus. Nach langer Ehe und dem Tod ihres Mannes 1038 wurde sie entmachtet und verlor ihre Besitztümer. 7 Jahre verbrachte sie in der Verbannung in Veszprem, bis ihr Kaiser Heinrich III. die Rückkehr nach Bayern ermöglichte. Wohl mehr als ein Jahrzehnt lebte sie noch im Nonnenkloster Niedernburg, wo sich auch ihr vielbesuchtes Grab befindet.
War es bisher eher ruhig und beschaulich, ändert sich das schlagartig. Von meditativer Ruhe im Kloster keine Rede. Daran schuld ist das Bräustüberl mit seinem großem Biergarten und dem selbstgebrauten Bier. Mehr als eins sollte man aber nicht probieren. Es warten ja noch ein paar Hügel.
Geroldsbach © Hans-Jürgen Hereth
Der kürzeste Weg führt Richtung Allershausen und dann am Ortsende rechts über Fernhag, Langwaid und Steinkirchen nach Petershausen. Etwas weiter ist der Weg Richtung Geroldsbach den Klosterberg hinab, an den Fischweihern (Teufelsweiher) vorbei, nach Oberschnatterbach. Von hieraus führt eine Landstraße über Winden, Oberdummeltshausen nach Schachach und Kemmoden (wunderbare Ortsnamen). Schließlich kommt man wieder in Priel und Jetzendorf heraus. Den Restweg kennt man ja schon.
Einkehrmöglichkeiten: Klosterbrauerei Scheyarn mit Bräustüberl, Schloßbräustüberl/-keller in Au